Kommentar: Lost In Translation

Original vom 07.11.2020

In diesem kurzen Kommentar möchte ich eine ganz bestimmte Problematik ansprechen: Die unterschiedlichen Sprachfassungen von Medien, die ich hier bespreche.

Ich sehe die Serien in 9 von 10 Fällen in Originalsprache, d.h. Japanisch mit Untertiteln. Was dahintersteckt und oft vielen nicht bewußt wird, werde ich kurz erörtern.

Ich bin mit Animes aufgewachsen und schaue sie in o.g. Art seit über 20 Jahren. Was mir irgendwann klar geworden ist: 99% aller Animes sind kitschig. Es ist ein visuelles Medium, das man als bunt, grell, effektheischerisch und auch etwas übertrieben bezeichnen kann. Es liegt quasi in der Natur der Sache.

Originalsprecher der Serien haben oft einen seriöser wirkenden Ton. Sie interpretieren ihren Job als den eines ernstzunehmenden Künstlers, denn in ihrem Heimatland sind sie Stars, wie etwa ein Schauspieler vom Format eines Jan-Josef Liefers oder Matthias Schweighöfer in Deutschland.

Wenn Animeserien nach Deutschland kommen (und solche Serien habe und werde ich oft besprechen), werden Synchronsprecher engagiert, die man hier von Hörspielen, Hörbüchern oder amerikanischen Cartoons kennt. Sie sind es gewohnt in allen Fällen dieser Beispiele besonders starken Ausdruck bei ihrer Arbeit zu leisten, da die Rezipienten nichts sehen können oder es sich um eine Comedy- bzw. dezidierte Kinderserie handelt.

Treffen diese Sprecher auf einen (kitschigen) Anime wird das Endprodukt zweifelsfrei zu viel des Guten sein. Deutsche Sprecher neigen dazu, überkandidelt zu schauspielern und auch Mimik und unterschwellige Kommunikation des Originals falsch zu verstehen.

Ein solches Produkt wird sofort vom Mainstream als „typisch Anime“ wahrgenommen und nur von Randgruppen ernstgenommen. Ein Beispiel um meine Argumentation zu untermauern, möchte ich hier nennen, dass jeder kennt: Heidi. Heidi wird anders wahrgenommen, und viele ältere Zuschauer wissen nicht oder haben gar nicht bemerkt, dass sie da einen Anime sehen.

Heidis visueller Stil und Handlung sind pseudorealistisch, so dass bei deutscher Synchronisation der o.g. „Kitschfaktor“ nicht zum Tragen kommt. Jedoch kann Heidi als typischer Anime bezeichnet werden. Er ist sogar von Hayao Miyazaki, Inbegriff des allgemeinen Selbstverständnisses von westlichen Mainstream-Anime-Anhängern allgemein.

Für mich sind deutsche Synchronisationen also nicht nur als Solches schlecht, denn wenn ich mir einen Anime ansehen will, reicht mir der Original-Kitschfaktor schon aus; Sie sind meiner Ansicht nach auch ein Grund dafür, warum Animeserien nicht richtig als Kunstform angesehen werden und im Mainstreamverständnis nicht ankommen.

Ich empfehle also, sofern es geht, Animes in ihrer Originalsprache zu sehen. Hätte ich das nie gemacht, wäre auch für mich sicher alles bloß Kinderkram.

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