The Rose Of Versailles – 1979 – Teil I-IV
Teil I

Unsere Geschichte beginnt mit der Heirat von Maire Antoinette und dem Dauphin von Frankreich, dem späteren Louis XVI Capet. In einer bombastischen Zeremonie, wird das völlig naive und unsichere Mädchen als diplomatischer Faustpfand verschachert, um einen wackeligen Frieden in Europa gewährleisten zu können.

Bereits in der zweiten Folge begegnen wir dem Herzog von Orleans, seines Zeichens Cousin des Dauphins. Sein Metier: Intrigen und ausgeklügelte Mordkomplotte.



Zu diesem Zeitpunkt haben wir die Personen, um die sich die Serie hauptsächlich in den nächsten 38 Folgen drehen wird, bereits kennengelernt. Das Bermuda-Liebesdreieck aus Hans Axel von Fersen, Marie Antoinette und Oscar hat die Saugkraft, selbst den härtesten Actionnarr in den Untiefen der Melancholie versinken zu lassen. Bleibt dran!

Am Hofe trifft romantisches Wunschdenken auf die harte Realität von Brennpunkt-Schulhof-Atmosphäre. Jeder spielt jeden aus und hinter dem Rücken von unsuspektierendem Hochadel werden fleißig Stories erzählt. Wie die von Madame Du Barry, der neuen Lebenspartnerschaft des Königs, die sich einen Namen als Strassenprostituierte aus dem Prekariat einen Namen gemacht, und sich hochgeschlafen hat.


Es geht darum, dass Marie Antoinette als Galeonsfigur christlicher Keuschheit kein Wort mit einer augenscheinlichen Schabe wie Madame Du Barry führt, was natürlich unweigerlich zu Ärger mit dem Regenten führt, der in der Manier eines absolutistischen Tyrannus widerum Österreich mit Krieg drohen könnte.



Alles endet in einer Art Patt-Situation, in der Antoinette gezwungen wird, eine titellose Hure als standesgemäß anzusehen. Chapeau, du Barry!


Derweil unternimmt die Serie einen Ausflug in die Slums von Paris, um uns die sekundären Charaktere Jeanne und Rosalie vorzustellen. Diese leben bei ihrer Mutter, die mit Ach und Krach für das täglich Brot sorgt. Die Situation stellt sich dabei so dar, als dass die Geschwister gegenpoliger nicht sein könnten. Während Rosalie als das hart arbeitende, bescheidene Aushängeschild der Familie dient, leidet Jeanne unter dissoziativen Episoden und Narzißmus und beherbergt, wie sich noch zeigen wird, die kriminelle Energie eines Serienkillers auf dem Todestrakt.


Aber zurück zum Tagesgeschäft am Hofe. Dort plagt Marie Antoinette angesichts der sexuellen und romantischen Inkompetenz des Dauphins die Langeweile. Eins führt zum Anderen, und sie trifft eines schönen Tages auf Hans Axel von Fersen, der als himmlischer Adonis jederzeit für einen echten Stenzjob zu haben ist. Dadurch wird nun ein Fass aufgemacht, dessen Folgen an Tragik keine grössere Tragweite haben könnten.


Als dann plötzlich der König stirbt, und wie in der Serie schön als untergehende, bzw. aufgehende Sonne ins Licht gerückt, wird weiteres Ungemach über diejenigen hereinbrechen, die sich in Glanz und Gloria einen Platz an der Sonne verschafft haben. Mit Namen: Madame du Barry.



Teil II
Die Serie kann bis zu diesem Punkt durchaus noch als unbeschwert charakterisiert werden.
Nun setzt sie dunkle Akzente, die sich zum Ende dieses Teils in totale Hoffnungslosigkeit überschlagen werden.
Manipulative Charaktere verfolgen ihre hinterhältigen Pläne, besonders zu Lasten der kindlich-naiven Königin. Eine neue Dimension der Folgen äußert sich außerdem in einer Form von Gesellschaftskritik, die das Luxusleben in Versailles mit den erbärmlichen Zuständen der Durchschnittsbevölkerung kontrastiert.


Zunächst kehren wir zu Jeanne, unserem kriminellen Genie, zurück.
Wie wir uns erinnern, war Jeanne von einer gutherzigen alten Dame aufgelesen worden, die versprach sie unter ihre Fittiche zu nehmen.


Jeanne begann daher wie ein armer Irrer zu lurchen, um ihren machtbesessenen Masterplan vom Luxusleben in Versailles in die Tat umsetzen zu können. Dabei darf offensichtlich niemand im Weg stehen, denn sie versucht sowohl ihre Schwester Rosalie, als auch die alte Dame loszuwerden. Das ist in beiden Fällen unglaublich brutal inszeniert und stellt die ganze Ruchlosigkeit des Charakters ins rechte Licht. Das soll uns auch weiterhin im Verlauf der Serie begleiten.

Der Charakterarc mündet im Treffen zwischen Jeanne, ihrem Kampfschwein-Grunzer-Freund de la Motte, der von ihr romantisch besessen ist, und dem sexuell devianten Kardinal Rohan. Dieser soll später noch eine wichtige Rolle spielen.

Schon die erste Folge dieses Abschnitts verdeutlicht, die etwas linksradikale Grundeinstellung der Autorin, deren politische Ideen in das Werk eingeflossen sind. Klerus und Adel sind perfide Schweine, die das Volk als ihr Vieh betrachten. Dabei sind auch positiv dargestellte Chraktere mindestens ahnungslos, was die Probleme der Menschen angeht, bzw. leben als Kindskopf in einer völlig verdrehten Welt, in der nur der nächste, dopaminbefeuerte Ritt auf der Kanonenkugel zählt.
Wie im Falle von Marie Antoinette.


Dies führt uns zurück in die Hofwelt.
Hier lebt Fräulein Antoinette turbokapitalistische Machtfantasien aus. Steuergelder werden links und rechts für den letzten Modeschrei verbrannt, und horrende Schulden aufgrund von Spielsucht führen zu einer verheerenden Schuldenfalle, die so bodenlos ist, dass Schuldenberater Peter Zwegat wie ein Hund um sein Leben winseln würde. Zu allem Überfluss gerät Antoinette auch noch an die falschen Freunde.
Madame de Polignac manifestiert sich als hochintelligente Ränkespielerin, die mit der Königin was sie will machen kann.


Apropos Polignac: Als Rosalies Mutter eines Tages von Polignacs Kutscher überfahren wird, schwört diese blutige Rache. Auf dem Sterbebett beichtet ihr die Mutter, sie wäre eigentlich ein Kind von Adel. Die Tochter einer gewissen Martine Gabrielle. Wir ahnen es: Die Serie ist mal wieder am Start, um sich in ihrer überdramatischen Zügellosigkeit zu übertrumpfen, denn die Mama ist Madame Polignac höchstselbst! Leider wird diesem Rachesubplot m.A.n. etwas zu viel Raum geschenkt.

Apropos: Madame de Polignac hat eine 11jährige Tochter, Charlotte, die im Laufe dieses Subplots einem dem völlig wahnsinnigen Machtstreben ihrer Mutter unterworfenem Manövertrick zum Opfer fallen wird. Sie soll an einen 30 Jahre älteren Mann mit gewissen Neigungen verheiratet werden und kann nur einen letzten Ausweg im Freitod finden. Die Szenen an sich können als vorläufiger Tragiksiedepunkt der Serie angesehen werden. Es bricht nicht nur der Schwester das Herz, sondern rettet Madame de Polignac auch davor, zu einem ähnlich eindimensionalen Bösewicht wie dem Herzog von Orleans zu verkommen.


Oscar macht innerhalb der Folgen eine bemerkenswerte Charakterentwicklung durch.
Kennen wir sie bisher mit dem stoischen Gesicht eines kronloyalen Kampfhundes von erstem Rang, kann sie angesichts der dystopischen Hölle, in der die Zivilgesellschaft dahinvegetiert ihr steifes Gesicht nicht wahren. Sie verdrückt die ein oder andere Träne, aber wohl auch, weil Fersen ihr neuer Schwarm wird. Er ist Retter in der Not, und kehrt aus heiterem Himmel auf die Bühne dramaturgischer Achterbahnfahrten zurück.


Der zweite Teil der Serie endet in einem Schäferstündchen zwischen ihm und der Königin. Das wird recht angemessen zelebriert und lässt, wir können es uns vorstellen, die Regenbogenblätter die Pressen anhalten und die einfachen Menschen in einer Schockstarre aus Missgunst zurück. Was als nächstes kommt, ist als die sogenannte Halsbandaffäre in die Geschichte eingegangen und wird die Dramasuppe, die nun mit allerlei scharfen Zutaten angerührt wurde, überkochen lassen. Aber dazu mehr in Teil 3.

Teil III

Dieser Teil der Serie kann als ein Wechselbad der Gefühle angesehen werden.
Der erste Abschnitt behandelt die „Halsbandaffäre“, ein Justizvorgamg, der auch real stattgefunden hat, und das aufgeheizte Verhältnis zwischen Krone und Ottonormalfranzosen letztlich in offene Feindseligkeit münden lässt, sowie einer Auflösung bzw. Zuspitzung der Liebesbeziehungen unter den Charakteren auf der anderen Seite.

Jeanne plant den nächsten Coup als Sahnehäubchen ihrer kriminellen Ambition. Sie erschleicht
sich durch eine ausgeklügelte List das Vertrauen des bei Marie Antoinette aufgrund seiner Sittenvergehen
verhassten Kardinals Rohan, der seinerseits durch seine sykophantische Liebe zu Marie Antoinette
leicht zu manipulieren ist.

Er soll zweckmäßig als Gläubiger, und damit auch als Sündenbock, beim Erwerb eines exorbitanten Schmuckstücks durch die Königin, dem titelgebenden Halsband, dienen. In einem Moment geistiger Abwesenheit vernichtet die Königin die entsprechenden Papiere, und steht ohne schriftliche Beweise für ihre Unschuld da.

Das erstandene Collier wird verkauft und Jeanne plant zu flüchten, als der Juwelier die erste Rate anfordert. Es kommt heraus, das Jeanne alles penibel eingefädelt hat, und im folgenden Gerichtsprozess
redet sie sich, meisterlich inszeniert, um Kopf und Kragen und bezichtigt die Königin nicht nur,
hinter allem zu stecken, sondern auch heimlich lesbisch zu sein. Bei der entgeisterten Bevölkerung erhält
sie dadurch viel Applaus. Der Ruf der Königsfamilie als abgehobene, sexuell deviante Manchesterkapitalisten, die in ihrer Utopie aus Luxus und Degeneration leben, wird weiter in den Dreck gezogen.

Als Jeanne nach der ein oder anderen Nacht im Gefängnis entkommt, ergreift sie unerklärliche Leere und sie sprengt sich zusammen schlußendlich mit ihrem Liebhaber in einer Art Suizidpakt in die Luft.



Oscar beginnt nur noch Fersen im Kopf zu haben, der sie aber nur als Freund (und als Mann) sehen kann und dessen Herz wiederum von Marie Antoinette gebrochen wird. Auch Andrés romantische Traumgebilde zerplatzen, als er, durch einen Unfall nahezu erblindet, begreift dass er bald schon Oscar im wahrsten Sinne des Wortes nie wiedersehen könnte und eine versuchte Vergewaltigung anzettelt.
Es endet damit, dass Oscar um ihre Entlassung bittet, und fortan nur noch als bloßer Mann in einer volksnahen Söldnertruppe dienen wird, aber dazu mehr im nächsten Teil.



Teil IV
Die Söldnertruppe unter der Führung des Alphamännchens Alain de Soissons, die ihre Zeit mit Blackjack und dem Verkauf von Armeeeigentum vertreiben, erweist sich als herausfordernd zu zähmen. Ihr Vertrauen muss verdient werden, da sie einer aristokratischen Frau nicht gehorchen wollen.

Die Geschichte verdichtet sich, als der König im Zuge der Generalstände zu Zugeständnissen gegeüber dem pöbelnden Mob gezwungen werden soll. Nach allerlei Hin und Her, wird der Kopf der jahrhundertealten Bourbonen-Dynastie sich nicht vor dem Volk verneigen, sondern jegliche Verhandlungen ablehnen.


Das Militär rückt auf Paris vor, um allen Widerstand zu zerschlagen und die vorrevolutionäre Gesellschaftsordnung zu bewahren. Es kommt zu einem Handgemenge, und das Pulverfass explodiert.
Mittendrin schlagen sich Oscar und André nobel auf die Seite des Volkes.

Im tragischen Höhepunkt der Serie sterben beide den Heldentod, als Symbole der alten Ordnung von Stand und Hierarchie, am Tag der Erstürmung der Bastille. Auf Jahre der Willkürherrschaft folgt für die gekrönten Häupter von Frankreich die blutige, historische Abrechnung in Form des unvermeidlichen Gangs zum Schaffott, wie die Überlebenden des Aufstands es sich im Epilog erzählen.
Volle Punktzahl (5 von 5 Sterne)
- Überdramatische Geschichte kaskadierender Tragödien lässt Seifenopern erblassen
- Meist gute, vielschichtige Charaktere, die entwickelt werden
- Atmosphärisches Historien-Setting und guter Einsatz des Soundtracks
- Extrem ansprechender, schöner Zeichenstil, liebevoll animiert
- Manchmal zu kitschig
- Manche der Plotpoints sind schwach oder etwas langweilig im Gegensatz zu „Wichtigerem“,
damit gemeint sind etwa Rosalies Rache-Arc und die Geschichte um den Black Knight.
Anmerkung:
Das schöne, ästhetisch wertvolle Drama wird hoffentlich keine große Beachtung in den modernen Mainstreammedien erfahren, sondern weiterhin Gralskelch eingefleischter Fangemeinden bleiben. Ich befürchte, dass der moderne politische Diskurs die Inhalte der Serie für sich instrumentalisieren würde, da heutzutage alles politisch aufgeladen werden muss.

Empfehlung des Verfassers
(c) 2025 Hendrik P.